Videoüberwachung im Pflegeheim: Warum die digitale Kontrolle oft mehr Probleme schafft als löst

Überwachungskamera in einem Pflegeheim mit einer älteren Person im Hintergrund

Datenschutz im Pflegeheim Warum Videoüberwachung kein Allheilmittel ist

Die Digitalisierung hat nicht nur in unserem alltäglichen Leben Einzug gehalten, sondern beeinflusst auch zunehmend den Alltag in Pflegeeinrichtungen. Bewohner*innen nutzen Tablets, Voice-Assistenten und andere digitale Geräte, um mit Familie und Freunden in Kontakt zu bleiben oder Unterhaltung zu finden. Allerdings bringt diese Technologie nicht nur Vorteile mit sich, sondern auch datenschutzrechtliche Herausforderungen – insbesondere beim Thema Videoüberwachung.

Die Grenzen der Technik im Pflegealltag

Ein Fall aus dem Praxisalltag zeigt, wie datenschutzrechtliche Fragen im Pflegeheim aufkommen können. Ein Bewohner entschied sich, eigenständig eine Videokamera in seinem Zimmer zu installieren, um angebliche Diebstähle aus seinem Zimmer zu dokumentieren. Diese private Maßnahme, ohne Abstimmung mit der Heimleitung, führte zu einer unfreiwilligen Beobachtung des Pflegepersonals, das das Zimmer regelmäßig betrat. Doch ist sowas überhaupt erlaubt?

Der Einfluss der DSGVO auf Videoüberwachung

Zunächst stellt sich die Frage nach der Anwendung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Grundsätzlich greift die DSGVO bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch automatisierte Mittel. Der Bewohner agierte hier als alleiniger Verantwortlicher, da er ohne Kenntnis des Pflegeheims die Videoaufnahme betrieb. Eine Ausnahme könnte die “Haushaltsausnahme” sein, allerdings entfällt diese hier, da die Videoüberwachung nicht rein privat ist und regelmäßig das personal betreten wird. Die DSGVO ist somit in vollem Umfang anzuwenden.

Rechtliche Grundlagen und mögliche Fallstricke

Das berechtigte Interesse und dessen Grenzen

Für eine rechtmäßige Videoüberwachung müsste eine gültige Rechtsgrundlage bestehen. In Betracht kommt das berechtigte Interesse gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO. Der Schutz des Eigentums könnte ein solches Interesse sein. Doch stellt sich die Frage nach der Erforderlichkeit: Gibt es keine milderen und ebenso effektiven Mittel? Beispielsweise könnten abschließbare Möbel oder ein eigener Zimmerschlüssel die Sicherheit des Besitzes wahren, ohne in die Privatsphäre von Angestellten oder Mitbewohner*innen einzugreifen.

Einwilligung als alternative Rechtsgrundlage

Alternativ könnte eine Einwilligung der betroffenen Personen die Videoüberwachung rechtfertigen. Doch gerade in einem Pflegeumfeld, wo Mitarbeitende und Bewohner*innen häufig wechseln, ist das Erlangen und Dokumentieren wirksamer Einwilligungen sehr herausfordernd. Zudem sind umfangreiche Pflichten einzuhalten, wie das Informieren Betroffener, das Anbringen von Hinweisschildern und die konsequente Verwaltung und Löschung von Videoaufnahmen, was in der Praxis für den einzelnen Bewohnenden kaum machbar erscheint.

Sonderfälle und außerrechtliche Bedenken

Straftatbestände im Fokus

Neben datenschutzrechtlichen Aspekten besteht die Gefahr, dass die Installation von Videokameras strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Das unbefugte Aufnehmen der Gespräche anderer oder das Verletzen von deren höchstpersönlichem Lebensbereich könnte strafrechtlich als unzulässig gewertet werden. Eine sorgfältige Prüfung im Einzelfall ist daher unverzichtbar.

Die Verantwortung des Pflegeheims

Pflegeeinrichtungen sollten proaktiv agieren und klare Regelungen zur Nutzung von Videogeräten im Heimvertrag oder durch Heimordnungen schaffen. Diese Regelungen müssen die Grundrechte der Bewohner*innen, inklusive deren Hausrecht, respektieren und den Datenschutz wahren. Ein umfassendes Regelwerk vermag dabei, potenzielle Konflikte zwischen digitaler Kontrolle und Persönlichkeitsrechten zu vermeiden.

Zusammenfassend zeigt sich, dass die Einführung digitaler Hilfsmittel in Pflegeeinrichtungen sorgfältige Planung und Beachtung rechtlicher Anforderungen erfordert. Eine unbedachte Nutzung kann weitreichende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, die es zu verhindern gilt.

Wenn Sie Unterstützung bei Datenschutzfragen in Ihrer Pflegeeinrichtung benötigen oder mehr über den rechtssicheren Umgang mit digitaler Technologie erfahren möchten, zögern Sie nicht, sich mit uns in Verbindung zu setzen. Unser Team von AZ-Datenschutz steht Ihnen mit Rat und Tat zur Seite.